Ausgabe September 2002

In schlechter Gesellschaft

Horrorszenarien aus der Albtraumfabrik: Terroristen haben sich in Syrien eine von der israelischen Armee liegen gelassene (!) Neutronenbombe besorgt und zerstören damit die Stadt Baltimore. Der Verdacht soll auf die neue russische Regierung fallen, die sich nach dem ungeklärten Tod ihres Präsidenten anscheinend nicht mit der Vorherrschaft der USA abfinden kann. Der CIA-Chef setzt einen jungen Beamten auf die Sache an, und in einer von Russland unterstützten Aktion wird die Terrorgruppe unschädlich gemacht (Sum of All Fears, dt. Der Anschlag, Phil Alden Robinson 2002). New York kann in letzter Minute vor einem Atomangriff bewahrt werden, weil der von Terroristen bei einer Suchaktion getötete CIA-Agent durch seinen Zwillingsbruder ersetzt wird und die Terroristen dingfest machen kann (Bad Company, Joel Schumacher 2002).

Gleich nach 9/11 zog Hollywood mehrere fertige oder in Arbeit befindliche Katastrophenfilme zurück - zu sehr ähnelten ihre Plots dem, was nun plötzlich Wirklichkeit geworden war. Filme wie World War III des Produzenten Jerry Bruckheimer oder Nose Blead (ein einfacher Fensterputzer vereitelt im letzten Moment einen Anschlag auf die Türme des World Trade Centers) wurden aufgegeben, der Start von Collateral Damage mit Arnold Schwarzenegger zunächst abgesagt.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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