Kurz nach seiner Thronbesteigung 1999 verkündete Marokkos König Mohammed VI. ein „neues Konzept von Autorität“, indemerdenSchutz individueller und kollektiver Freiheiten sowie die Sicherung des sozialen Friedens versprach. In der Folge fand eine bemerkenswerte politische Öffnung statt, etwa in der Frage des Ausgleichs zwischen Monarchie und ehemaligen politischen Häftlingen. Mohammed VI. sorgte dafür, dass Menschenrechtsverletzungen aus der Regierungszeit seines Vaters zugegeben werden, eine öffentliche Diskussion darüber stattfinden kann und finanzielle Entschädigungen an die Opfer und ihre Familien gezahlt werden. Die Angst vor der Willkür eines übermächtigen, autoritären Staates ist verschwunden. Im Vergleich etwa zum Nachbarland Algerien kommt es zu einer Annäherung zwischen Machtapparat und Oppositionellen.
Dennoch schritt der innenpolitische Wandel nur langsam voran. Die Verantwortlichen für die Folterungen etwa müssen sich bis heute nicht vor Gericht verantworten; friedliche Protestmärsche der islamistischen Bewegung „Gerechtigkeit und Wohlfahrt“ werden schonungslos niedergeknüppelt.
Was bedeutet angesichts dessen das „neue Autoritätskonzept“ Mohammeds VI.? Am besten lassen sich die Veränderungen in Marokko mit dem Begriff „figurative Politik”1 von Hans-Georg Soeffner und Dirk Tänzler erklären.