Durch die Streiks der Hafenarbeiter und der Gebäudereiniger sorgten die US-Gewerkschaften kürzlich wieder für Schlagzeilen. Mit den Aktionen setzt sich eine strategische Neuausrichtung in der zuvor totgeglaubten Gewerkschaftsbewegung fort, die zu Beginn der 90er Jahre in einigen Einzelgewerkschaften ihren Anfang nahm und mit der Wahl von John Sweeney – dem damaligen Präsidenten der Service Employees International Union (SEIU) – und seinem New Voice-Team 1995 an die Spitze des Dachverbandes AFL-CIO ihren zwischenzeitlichen Höhepunkt fand. Seitdem greifen die Gewerkschaften wieder auf Konfliktstrategien zurück, teilweise ähnlich denen, die schon den Erfolg des CIO in den 146 Kommentare und Berichte Blätter für deutsche und internationale Politik 2/2003 30er Jahren begründeten. Im Zentrum steht dabei die vermehrte Organisierung neuer Mitglieder bzw. der Versuch, mittels integrativer Kampagnen (corporate campaigns) Aktivitäten in verschiedenen Bereichen zu verbinden und den obligatorischen Wahlprozess unter Aufsicht des NLRB (National Labor Relations Board) – und damit die rigide Arbeitsgesetzgebung aus der Zeit des New Deals – zur gewerkschaftlichen Vertretung in den Betrieben zu umgehen.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.