Im August dieses Jahres zog sich der liberianische Staatspräsident Charles Ghankay Taylor ins nigerianische Exil zurück. Dort wird man ihm nach Aussage des nigerianischen Staatsoberhauptes Olusegun Obasanjo aus humanitären Gründen "politisches Asyl" gewähren, um einen friedlichen Machtwechsel in Liberia zu ermöglichen und den Bürgerkrieg zwischen Taylors Regierungstruppen und den Rebellengruppen der Liberians United for Reconciliation and Democracy (LURD) endlich zu beenden. Eine Verfolgung wegen möglicher völkerstrafrechtlich relevanter Delikte braucht Taylor nicht zu befürchten. Er hatte seinen Rücktritt ausdrücklich von entsprechenden Zusicherungen durch Nigeria abhängig gemacht. Die Chancen Taylors, der Justiz zu entkommen, stehen daher nach dem augenblicklichen Stand der Dinge gut. Vorbilder seiner Art gibt es in Afrika viele. So wurde auch der kürzlich im saudi-arabischen Exil verstorbene ehemalige ugandische Diktator Idi Amin für seine Verbrechen nie zur Verantwortung gezogen. Weitere Beispiele sind dessen nicht weniger grausamer Nachfolger Milton Obote, der in Sambia weilt, Tschads Ex-Diktator Hissène Habré im Senegal oder Äthiopiens Mengistu Haile Mariam, der sich nach Simbabwe zurückgezogen hat.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.