Ausgabe Oktober 2003

Kinderspiele

Der erste Golfkrieg 1990 ging in die Mediengeschichte als gesichtsloser, bilderloser Kampf ein. Die damalige Koalition verhinderte jegliche Möglichkeit einer Imagination dieses Ereignisses und deshalb durften die Journalisten es nur als Video-Controlling automatischer Zielgeräte miterleben. Im Februar 2003, als George W.

Der erste Golfkrieg 1990 ging in die Mediengeschichte als gesichtsloser, bilderloser Kampf ein. Die damalige Koalition verhinderte jegliche Möglichkeit einer Imagination dieses Ereignisses und deshalb durften die Journalisten es nur als Video-Controlling automatischer Zielgeräte miterleben. Im Februar 2003, als George W. Bush den Irak erneut überfallen ließ, waren sie "eingebettet" dabei und beeilten sich zu versichern, dass es diesmal kein Videospiel sei – als wäre der erste Krieg eines gewesen.

Die seither geläufige Rede vom Videospiel, als das der Krieg erscheinen sollte, meint mit seiner Ent-Realisierung, Erträglich- Machung den Versuch, ihn einer skeptischen Weltöffentlichkeit zu verkaufen durch die bewusste Ausschaltung der Toten und Verwundeten, ja von Menschen, Individuen überhaupt, gleichgültig, ob Täter oder Opfer. Bei der Diskussion über die bewusste Annäherung der Kriegsrealität an die Cyberwelt der Videospiele wird oft übersehen, dass es eine symmetrische Gegenbewegung gibt.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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