Ausgabe Oktober 2003

Kinderspiele

Der erste Golfkrieg 1990 ging in die Mediengeschichte als gesichtsloser, bilderloser Kampf ein. Die damalige Koalition verhinderte jegliche Möglichkeit einer Imagination dieses Ereignisses und deshalb durften die Journalisten es nur als Video-Controlling automatischer Zielgeräte miterleben. Im Februar 2003, als George W.

Der erste Golfkrieg 1990 ging in die Mediengeschichte als gesichtsloser, bilderloser Kampf ein. Die damalige Koalition verhinderte jegliche Möglichkeit einer Imagination dieses Ereignisses und deshalb durften die Journalisten es nur als Video-Controlling automatischer Zielgeräte miterleben. Im Februar 2003, als George W. Bush den Irak erneut überfallen ließ, waren sie "eingebettet" dabei und beeilten sich zu versichern, dass es diesmal kein Videospiel sei – als wäre der erste Krieg eines gewesen.

Die seither geläufige Rede vom Videospiel, als das der Krieg erscheinen sollte, meint mit seiner Ent-Realisierung, Erträglich- Machung den Versuch, ihn einer skeptischen Weltöffentlichkeit zu verkaufen durch die bewusste Ausschaltung der Toten und Verwundeten, ja von Menschen, Individuen überhaupt, gleichgültig, ob Täter oder Opfer. Bei der Diskussion über die bewusste Annäherung der Kriegsrealität an die Cyberwelt der Videospiele wird oft übersehen, dass es eine symmetrische Gegenbewegung gibt.

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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