Ausgabe Oktober 2003

Wallraff und die Stasi

Ich gehöre weder zu den literarischen oder politischen Fans noch zu den persönlichen Freunden Günter Wallraffs. Zu DKP-nahen Linken in der Bundesrepublik hatte ich stets sehr kritische Distanz, weil ihr Umgang zugleich Nähe zur SED bedeutete. Von den Repressalien im Mauerstaat wollten sie nichts wissen. Wenn Menschenrechte unteilbar sind, muss auch die Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen unteilbar sein – bis zu Guantanamo und China 2003. Diese Kritik indes auf "die Linke" insgesamt zu beziehen, wäre reine – fortgesetzte! – Denunziation, wider besseres Wissen. Man lese nur die Liste derer, die 1961 den Mauerbau verurteilten, die ‘68 gegen die Panzerinvasion in die "SSR protestierten, gegen Biermanns Ausbürgerung 1976, und die Namen derer, die sich seit 1979 in der Friedensbewegung in West und Ost gesammelt hatten.

Im Wettkampf der Systeme war der SED und ihren DKP-Vasallen jede Propaganda- Keule (zum Beispiel gegen die "neofaschistische BRD" mit Heusinger, Filbinger, Globke und den "furchtbaren Juristen") recht; schließlich hatte sich die SED durch ihre Fortschritts- Ideologie legitimiert, durch die Sowjetarmee geschützt, hinter einem "antifaschistischen Schutzwall" verbarrikadiert.

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