Schätzungen zufolge kamen während des letzten Jahrzehnts mehr als 2 500 Migrantinnen und Migranten bei dem Versuch ums Leben, nach Europa zu gelangen. Das sind viele Menschenleben - aber nicht viele Einwanderungsversuche für einen Kontinent mit über 375 Millionen Einwohnern. Wer sind die Menschen, die Europa mit so viel Entschlossenheit aussperrt - auch um den Preis, dass diese ihr Leben riskieren, um hineinzukommen? Kurz gesagt: Sie sind eine entschlossene, aber winzige Minderheit von Männern, Frauen und Kindern aus meist armen Ländern, die sich, auf der Suche nach Arbeit oder Sicherheit, auf den Weg machen - ungeachtet des Risikos, dass sie dabei eingehen. Sie sind keine Kriminellen. Doch die restriktive Entschlossenheit der sich abschottenden Zielländer bewirkt das Gegenteil des beabsichtigten Effekts: Sie ist der Nährboden des kriminellen Menschenhandels. Das harte Durchgreifen der Aufnahmeländer gegen die illegale Einwanderung und der quasi-militärische Ausbau der Grenzen brachten einen rasanten Anstieg des Menschenhandels mit sich.
So wie die Politik gegenüber "weichen" Drogen wie Marihuana beruht auch diese Entwicklung auf einem alten Dilemma: Um die Situation zu kontrollieren, kriminalisiert die Politik etwas, was an sich noch keine kriminelle Handlung sein muss - und steigert damit erst den Anreiz für wirkliche Kriminelle, verbotene Aktivitäten zu betreiben.