Die deutsch-polnischen Beziehungen haben in der Nachkriegsgeschichte schon bessere Zeiten erlebt. Nicht nur vereinzelt wird die Ansicht vertreten, dass sie derzeit einen neuen Tiefpunkt erreicht haben. Abgesehen von außenpolitischen Differenzen, die oft aus divergierenden Interessen resultieren, werden sie erheblich von der Problematik der gegenseitigen Entschädigungsforderungen und der Debatte um das Zentrum gegen Vertreibungen überschattet. Trauriger Höhepunkt der Streitigkeiten war der jüngste Beschluss des polnischen Sejm zu deutschen Reparationsleistungen, der in der deutschen Presse umgehend als eine "Überreaktion", "polnische Provokation" oder als "politisch dumm" bezeichnet wurde.
Mittlerweile ist die paradoxe Situation entstanden, dass sich die beiden Nachbarstaaten, die sich selbst als strategische Partner in der Europäischen Union bezeichnen, aufgrund der Untätigkeit ihrer Eliten von Randgruppen und populistischen Bestrebungen regelrecht überrollen lassen. Ich werde an dieser Stelle vor allem die polnische Seite beleuchten.
Am 10. September fasste der polnische Sejm einen Beschluss "In der Angelegenheit polnischen Anrechts auf deutsche Kriegsreparationen und in der Angelegenheit der rechtswidrigen Ansprüche, die gegenüber Polen und seinen Bürgern in Deutschland erhoben werden". Dieser Beschluss wurde, was im polnischen Sejm keineswegs üblich ist, einstimmig verabschiedet.