Geschlechts- und schichtspezifische Effekte rot-grüner Familienpolitik
Rot-grüne Familienpolitik hat ihr eigenes Profil entwickelt: Entgegen der deutschen Tradition des starken Ernährermodells sollen Mütter nunmehr erwerbstätig sein und Väter in die Kinderbetreuung eingebunden werden. Schreiben diese Reformen die gesellschaftlich dominanten geschlechts- und schichtspezifischen Mechanismen fort? Oder haben wir es mit einer emanzipatorischen Politik zu tun, die das Versprechen der Geschlechtergleichheit endlich einlöst?
Die bundesdeutsche Familienpolitik der Nachkriegszeit orientierte sich zunächst am traditionellen männlichen Ernährermodell. Obgleich die (Teilzeit-) Erwerbstätigkeit von Müttern schon in den 60er Jahren zunahm, wurde sie erst mit dem Ausbau der Kindergartenplätze seit Mitte der 70er Jahre strukturell gefördert. Beide Entwicklungen begünstigten die Transformation des Ernährermodells hin zu einer "modifizierten Versorgerehe"1, in der die Ehefrau als Zuverdienerin neben den männlichen Haupternährer tritt. Die 1986 erfolgte Einführung von Erziehungsurlaub und Erziehungsgeld stützte dieses Geschlechtermodell ebenso wie die (westdeutsche) Halbtagsbetreuung von Kindergarten- und Grundschulkindern.
Betrachtet man das Erwerbsverhalten von Müttern insgesamt, so zeigt sich, dass mit zunehmendem Alter der Kinder das traditionelle durch das modifizierte Ernährermodell abgelöst wird.