Ausgabe Dezember 2005

Demographie und Demagogie

Wissenschaft und Interesse bei Herwig Birg und Charlotte Höhn

Spätestens seit Frank Schirrmachers alarmistischem Bestseller1 ist die demographische Entwicklung der bundesdeutschen Gesellschaft in aller Munde. Dabei wurde sie von Politik und Öffentlichkeit lange Zeit überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder, sofern dies doch geschah, bagatellisiert.

Spätestens seit Frank Schirrmachers alarmistischem Bestseller1 ist die demographische Entwicklung der bundesdeutschen Gesellschaft in aller Munde. Dabei wurde sie von Politik und Öffentlichkeit lange Zeit überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder, sofern dies doch geschah, bagatellisiert. Der Zeitgeist gefiel sich in der Verharmlosung existenzieller Zukunftsprobleme, die aus dem Bevölkerungsschwund und der schnellen Alterung der Gesellschaft erwachsen.

So fanden die Vorausberechnungen der Bevölkerungsentwicklung wenig Beachtung, und notwendige Maßnahmen gegen den – im Prinzip seit den 80er Jahren bekannten – Trend blieben weitgehend aus. Noch 1996 wurde die von Bundessozialminister Norbert Blüm für die Rentenreform vorgeschlagene Berücksichtigung des „demographischen Faktors“ von der Opposition mit bestürzender Oberflächlichkeit vom Tisch gewischt.

Dies änderte sich allerdings wenige Jahre später geradezu schlagartig.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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