Ausgabe Januar 2005

Rechtskultur statt Leitkultur

Zur Versachlichung der Integrationsdebatte

"Integration" ist derzeit in aller Munde. Die in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer sollen sich in die Gesellschaft integrieren oder in sie integriert werden. Dazu werden sie angehalten, die deutsche Sprache zu lernen und selbst in ihren Gotteshäusern auf Deutsch zu predigen. Letzteres ist ein Vorschlag zur öffentlichen Sicherheit, den sogar der Vorsitzende der EKD Bischof Huber öffentlich gut hieß. In der Debatte vermischen sich Sicherheitsfragen beliebig mit Fragen der sozialen Integration von Zuwanderern - ein Schema, das sich seit dem Zuwanderungskompromiss zu verfestigen scheint -, und zuletzt kanalisiert sich alles auf die ewige Frage nach der Identität der Deutschen, derzeit zumeist in Form der endlosen Debatte um die ominöse deutsche Leitkultur.

Tatsächlich unterscheidet sich die Lebensweise der Zuwanderer häufig sehr von der anderer Personengruppen in der Bundesrepublik. Diese Erkenntnis hat manchen Kommentator dazu bewegt, die Existenz von Parallelgesellschaften zu beklagen.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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