Nur eine Woche, nachdem am 22. August der irakische Verfassungsentwurf feierlich verkündet worden war, kamen an der A’ima-Brücke in Kadhmiya nahezu 1000 schiitische Pilger aufgrund einer Panik vor Anschlägen sunnitischer Widerständler zu Tode. Mit einem Schlag stand das Angst einflößende Szenario eines Bürgerkriegs, das man soeben gebannt zu haben glaubte, wieder auf der Agenda.
Dass es im Irak bis jetzt zu keinem offenen Bürgerkrieg gekommen ist, hat vor allem zwei Ursachen: zum einen die Anwesenheit der US-Streitkräfte und zum anderen die besonnene Haltung der schiitischen Führung, allen voran des Großayatollah Ali al-Sistani. Der Großayatollah und die schiitischen Politiker sind sich einig, dass der erzielte Machtgewinn durch einen Bürgerkrieg verspielt werden könnte. Die Schiiten haben folglich kein Interesse an einem Bürgerkrieg. Es ist der Al-Qaida-Chef im Irak, Abu Mussab al-Zarkawi, der den Bürgerkrieg so vehement zu provozieren sucht. Dieser Umstand ist der Hintergrund für die kompromissbereite schiitische Politik seit der Gründung des irakischen Staatsrates 2004.