Ausgabe Februar 2006

Fluch oder Segen?

Öl und Demokratie in Osttimor sowie São Tomé und Príncipe

Neue Technologien der Erschließung von tief verborgenen Ölvorkommen haben einigen Staaten der „Dritten Welt“ in den letzten Jahren einen unerwarteten Geldsegen beschert. Von hohen Wachstumsraten wie im westafrikanischen Äquatorialguinea von 34 Prozent oder im Tschad von 31 Prozent können die rezessionsgeplagten Industrienationen und selbst Petrodollar- verwöhnte OPEC-Staaten nur träumen.1 Dass die Ölbonanza in den meisten Ländern jedoch weder einen wirtschaftlichen noch demokratischen Aufschwung mit sich bringt und oft destabilisierend wirkt, ist ein allgemein als „Ressourcenfluch“ bekanntes Phänomen.

Das Szenario ist immer das gleiche: Ein explosionsartiges Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) hilft den Staatseliten, mit Petrodollars ihre Macht zu festigen. Loyalität wird gut bezahlt, die erforderliche Mehrheit der Stimmen bei eventuell anfallenden Wahlen ebenso. Wichtige Reformen werden auf die lange Bank geschoben, denn die begehrten Ressourcen machen immun gegen den Druck der internationalen Gemeinschaft. Das erst seit Mitte der 90er Jahre im Ölrausch schwelgende Äquatorialguinea wird so weiterhin von Teodoro Obiang Nguema, einem der dienstältesten Diktatoren Afrikas, beherrscht.

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