Ausgabe Juni 2006

Ideologisch anfällig: Der DFB vor 1933

Der Countdown läuft. In wenigen Tage erfolgt der Anpfiff zur Fußballweltmeisterschaft. Damit wird zumindest vorübergehend zweitrangig, dass dieses sportliche wie politische Großereignis schon vor Jahren ein Umdenken des ausrichtenden Verbandes bewirkte.

Im Vorfeld der WM im eigenen Land machte sich in den Reihen des Deutschen Fußballbundes (DFB) der Wunsch breit, endlich den teilweise massiven Vorwürfen zu begegnen, man verhalte sich gegenüber der eigenen Vergangenheit indifferent. Ende 2000 erging an den Bonner Historiker Klaus Hildebrand der Auftrag, sich der Geschichte des DFB im Nationalsozialismus anzunehmen. Der reichte den Stab an seinen Schüler Nils Havemann weiter und fungierte fortan als Mentor. Mitte September 2005 wurde in der Berliner „Mercedes- Welt“ das Ergebnis präsentiert.1

Nach Auffassung des Gutachters Havemann war der DFB schon vor Weimarer Zeiten ein Wirtschaftsunternehmen, dem es stets um „Größe, Macht und Prosperität“ gegangen sei. Das verbandliche Handeln folgte zuvörderst betriebswirtschaftlichen Zwängen – und nicht etwa den weltanschaulichen Präferenzen seiner Führungskräfte (S. 24). Havemann unterstellt hier Ausschließlichkeit: Lautet das handlungsleitende Motiv „betriebswirtschaftliche Rationalität“, sind politisch-ideologische Wertemuster und Auffassungen abgemeldet.

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