Ausgabe August 2007

Wenn Arbeit arm macht

Der Niedriglohnsektor als Boombranche

Kein innenpolitisches Thema, das haben die letzten Wochen und Monate bewiesen, ist derzeit so umstritten – und damit auch so wahlkampftauglich – wie der Mindestlohn. Und trotz der Mangelhaftigkeit des erreichten Minimalkompromisses hat der bisherige politische Schlagabtausch immerhin zweierlei gezeigt: Zum einen, dass der staatlich subventionierte Niedriglohnsektor vom bundesdeutschen Arbeitsmarkt nicht mehr wegzudenken ist, und zum anderen, dass seine Auswüchse umfassend politisch reguliert werden müssen, wenn die zunehmenden Spaltungen auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich beseitigt werden sollen.

Seit Mitte der 90er Jahre wächst der Niedriglohnsektor beständig. Ein Wachstumsmotor der besonderen Art war dabei die Hartz-Gesetzgebung durch die rot-grüne Bundesregierung – als wesentlicher Bestandteil des groß angelegten Versuchs, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren. Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse getreu dem Motto „Sozial ist, was Arbeit schafft“ machte den Anfang und spiegelte den längst vollzogenen Stimmungswandel hin zu neoklassischen Positionen wider. Die Einführung und Ausweitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse als arbeitsmarktpolitisches Instrument setzte dann, wenn auch in kodifizierter Form, den anhaltenden Trend zum Ausbau des Niedriglohnsektors fort.

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.