In den 90er Jahren vernachlässigte Russland angesichts seiner eigenen wirtschaftlichen Probleme die Beziehung zu den Ländern der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ (GUS). Stattdessen orientierte man sich verstärkt am Westen. Dessen Ansehen ist in der russischen Politik aufgrund anhaltender Enttäuschungen über die schwierige Zusammenarbeit inzwischen jedoch an einem Tiefpunkt angelangt.
Gleichzeitig hat die Russische Föderation in den vergangenen Jahren, insbesondere aufgrund der Energiepreisentwicklung und wachsender politischer Bedeutung, ein neues Selbstbewusstsein entwickelt. Da imperiale Politik jahrhundertelang zu den Charakteristika russischer Politik gehörte, liegt die Vermutung nahe, dass der Kreml nun wieder einen imperialen Einfluss im GUS-Raum anstrebt. Und in der Tat gibt es hierfür, gerade mit Blick auf die Neuausrichtung auf ein russisches Energie-Imperium und die besondere Bedeutung der zentralasiatischen Republiken, zahlreiche Indizien.1 Dennoch hält die These einer neoimperialen Politik Russlands einer genaueren Überprüfung nicht stand. Was wir gegenwärtig tatsächlich erleben, ist die fortgesetzte Erosion der einstigen russischen Dominanz.
Der heutige GUS-Raum besitzt seit jeher eine zentrale Bedeutung für die russische Bevölkerung und Politik. Zum einen wirken die lange gemeinsame Geschichte und die unzähligen persönlichen Kontakte nach.