Ausgabe August 2025

Die neue Merz-Doktrin?

Mit dem Recht des Stärkeren gegen die Stärke des Rechts

Symbolbild: Armdrücken

Bild: Symbolbild: ... (KI-generiertes Bild)

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran – „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“– markiert den Bruch mit dieser Tradition. Und zugleich war es ein Persilschein für das Agieren der Trump-Regierung: Einen Tag nachdem der britische, französische, deutsche und iranische Außenminister über einen möglichen diplomatischen Ausweg verhandelt hatten, bombardierten die USA die Atomanlagen in Natanz, Fordo und Isfahan. Wie der Präemptivschlag der Israelis entbehrte auch der Angriff der USA einer völkerrechtlichen Grundlage. Nach Einschätzung der IAEO stand Iran eben nicht unmittelbar vor der Produktion einer Atombombe. Der Chef der Atombehörde hatte vor völkerrechtswidrigen Anschlägen auf die Atomanlagen ausdrücklich gewarnt. 

Doch wie verhält sich die Bundesregierung? Während noch 2003, vor Beginn des völkerrechtswidrigen Irakkrieges, Deutschland gemeinsam mit Frankreich im UN-Sicherheitsrat eine Mehrheit gegen den US-Präemptivschlag zuwege brachte, spricht die deutsche Regierung heute vom „Recht auf Selbstverteidigung“, genau wie die Gipfelerklärung der G7.

»Blätter«-Ausgabe 8/2025

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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