Seit geraumer Zeit betreibt Papst Benedikt XVI. eine heftig debattierte, ambivalente Annäherungspolitik des Katholizismus gegenüber anderen christlichen Konfessionen. Eine politisch weit bedeutsamere Initiative des Papstes wurde jedoch beinahe übersehen: Mit Datum vom 27. Mai 2007 verfasste Benedikt XVI. ein Schreiben an die Mitglieder der katholische Kirche Chinas.1 Darin benennt er die Probleme des Heiligen Stuhls im Verhältnis zur aufstrebenden Weltmacht. Verschiedentlich als Hoffnungszeichen für die Katholiken in China gewertet, ist vor allem die Deutlichkeit des Schreibens bemerkenswert. Benedikt XVI. verbindet sein Bemühen um eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen mit einer selbstbewussten, beinahe konfrontativen Haltung.
Dabei sind die Rahmenbedingungen der päpstlichen Initiative alles andere als einfach: Bereits kurz nach der Machtübernahme durch die Kommunisten auf dem chinesischen Festland brach die Volksrepublik China 1951 die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl ab. Seitdem pflegt letzterer solche nur noch mit der Republik China (Taiwan). Nach den antireligiösen Exzessen der Kulturrevolution 1966-1976 wurde mit Beginn der chinesischen Reformpolitik 1979 die Religionsausübung zwar wieder erlaubt, ohne jedoch eine freie, vom Staat unbehinderte Kirche zuzulassen.