Der Völkermord, dem vor 14 Jahren in Ruanda rund eine Million Menschen zum Opfer fielen, wird in der bundesdeutschen Öffentlichkeit, so er überhaupt zur Sprache kommt, immer noch einseitig als „Völkermord an den Tutsi“ wahrgenommen. Dabei wird übersehen, dass parallel zu den Massakern an den Tutsi vermutlich ebenso viele Hutu von den aus dem benachbarten Uganda vordringenden Eroberern, einer Gruppe von Exil-Tutsi, getötet wurden.
Diese Verzerrung wurzelt nicht zuletzt in der Unkenntnis über den Kontext der Vorgänge, die das Land bereits in den Jahren zuvor erschütterten. Denn bereits am 1. Oktober 1990 hatte mit dem Einmarsch der Tutsi-Militärs aus Uganda das Morden begonnen, das sich bis heute im Nachbarstaat Kongo fortsetzt.
Kurz zuvor, im Juni 1990, hatte der französische Präsident François Mitterrand beim franko-afrikanischen Gipfeltreffen erklärt, dass künftig nur noch demokratische Staaten auf Unterstützung durch Frankreich rechnen dürften. Daraufhin kündigte Ruandas Präsident, der seit 1973 regierende Diktator Juvénal Habyarimana, im Folgemonat den Übergang des Landes zu einem Mehrparteiensystem an.