„Wir wollen keine Kosmetik, sondern einen neuen Gesellschaftsvertrag“, so die Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Renate Künast, über die notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise. 1 Mit diesem Anspruch steht sie nicht allein. Hinter der Forderung nach einem „neuen Gesellschaftsvertrag“ oder – in der angelsächsischen Variante – einem „New Deal“ sammeln sich gegenwärtig weite Teile der Linken und des bürgerlich-liberalen Lagers. Ob Europäischer Gewerkschaftsbund oder „Die Linke“ im Bundestag, ob Globalisierungskritiker oder UN-Generalsekretär: Sie alle verbinden damit die Perspektive eines Auswegs aus – ökonomischer wie ökologischer – Jahrhundertkrise und neoliberaler Verirrung. Doch was verbindet sich eigentlich genau mit der Vorstellung vom (neuen) Gesellschaftsvertrag, und wie kann ein solcher zustande kommen?
Vom „contrat social“ zum „impliziten Gesellschaftsvertrag“
Jean-Jacques Rousseau formulierte 1762 mit seinem „contrat social“ nicht nur Grundlagen unseres modernen Verständnisses von Volkssouveränität, sondern auch bis heute gültige Bedingungen des sozialen Zusammenhalts. „Wollt ihr dem Staat Bestand verleihen“, so schrieb er darin, dann „duldet weder übermäßig Reiche noch Bettler.