Ausgabe Juni 2012

Die Stunde der Entscheidung

Radikale Linke im Geiste Carl Schmitts

Spätestens seit dem Auftauchen der Occupy-Bewegung sind wieder vermehrt Forderungen nach radikaler und direkter Demokratie zu vernehmen. Angesichts der in der Finanzkrise immer offensichtlicher zutage tretenden Verflechtungen von Wirtschaft und Politik fühlen sich viele Menschen durch die bestehenden parlamentarischen Institutionen nicht mehr ausreichend repräsentiert. Neben Slavoj Žižek und Antonio Negri sind es vor allem Ernesto Laclau und Chantal Mouffe sowie Alain Badiou und Jacques Rancière, die die Fahne radikalen linken Denkens hochhalten. Doch taugen die von ihnen bemühten Konzepte tatsächlich zur Erneuerung der Demokratie? 

Die radikale Linke befindet sich seit über 40 Jahren in der Krise. Denn: Nicht erst der Zusammenbruch des „sozialistischen Lagers“ 1989 war für viele Linke traumatisch. Die Krise begann schon in den 70er Jahren mit dem Versuch der sogenannten eurokommunistischen Parteien in Frankreich, Italien und Spanien, sich aus dem sowjetisch dominierten Block zu lösen und eigenständige Wege zu beschreiten. Die Geschichte ist darüber hinweggegangen. Die bekannte Folge: Entweder haben diese Parteien den im Eurokommunismus angelegten Weg der Sozialdemokratisierung beschritten oder sie sind zu Randphänomenen verkümmert.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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