In der April-Ausgabe der »Blätter« analysierte der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller den »Aufstieg des Populismus« als eine Schattenseite der repräsentativen Demokratie. Doch seine Analyse hat entscheidende Schwachstellen, kritisiert der Soziologe und Lateinamerikawissenschaftler Dieter Boris.
Jan-Werner Müllers Erklärung des Populismus besticht zunächst durch seinen erfrischend lockeren Zugriff und seine klaren Aussagen. Dem herrschenden Eindruck eines anscheinend unaufhaltsamen Vorrückens dieser politischen Erscheinung möchte der in Princeton lehrende Politikwissenschaftler entgegentreten und dem Leser begriffliche sowie theoretische Orientierungen an die Hand geben, die es erlauben, „Populismus“ trennscharf zu erkennen und zu analysieren. Eine „kritische Theorie des Populismus“ bedürfe, so Müller, einer „demokratietheoretischen Rückversicherung“. Damit soll der Populismus vom alles mögliche enthaltenden „Kampfbegriff“ auf die lichten Höhen der Wissenschaft geführt werden. Erst auf dieser Grundlage sei ein angemessener (politischer) Umgang sinnvoll und erfolgversprechend.
Müllers Kernthese lautet: Populismus ist eine Politikauffassung, die nicht nur eine strikte Anti-Establishment-Haltung, sondern auch einen strukturellen Antipluralismus einschließt.