Ausgabe September 2016

Der deutsche Neoliberalismus und die Krise Europas

Wer die hegemoniale neoliberale Politik in Deutschland und Europa kritisiert, sucht die Verantwortung dafür oft in der angelsächsischen Welt. Albrecht von Lucke beispielsweise schreibt, der angelsächsische Neoliberalismus sei durch die von New Labour beeinflusste SPD unter Gerhard Schröder nach Deutschland importiert worden. Auf diesem Wege „infizierte“ laut von Lucke „das neoliberale Credo von Margaret Thatcher“ die europäische Sozialdemokratie.[1] Und nicht nur diese, bemerkt von Lucke: Für Margaret Thatchers Slogan „There is no alternative!“ stehe seit Beginn der Eurokrise die Christdemokratin Angela Merkel.

Auch in der sogenannten Peripherie unterstellen viele linke Kritiker der deutschen Eurokrisenpolitik, Deutschland folge bloß angelsächsischen Modellen, wenn es dem Rest Europas eine neoliberale Politik oktroyiert. Der Podemos-Vorsitzende Pablo Iglesias etwa argumentiert, die EU-Mitgliedstaaten hätten durch die Gründung der Währungsunion „ihre Währungssouveränität zugunsten einer ‚unabhängigen’ Europäischen Zentralbank“ aufgegeben. Zudem habe der Stabilitäts- und Wachstumspakt deutsche fiskalpolitische Präferenzen etabliert und „die wachsende Hegemonie innerhalb des europäischen Projekts“ angedeutet.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema