
Als am Abend des 24. September die verheerenden Ergebnisse der deutschen Sozialdemokratie über die Mattscheibe flimmerten, folgten dem auch die Genossinnen und Genossen in Österreich mit angehaltenem Atem und wachsendem Entsetzen. Denn hier wird am 15. Oktober der Nationalrat neu gewählt und auch hier liegt der sozialdemokratische Kandidat, Bundeskanzler Christian Kern, deutlich hinter Sebastian Kurz und dessen zur „Liste Kurz“ mutierten konservativen Volkspartei. Tatsächlich scheint Kern Mühe zu haben, seine SPÖ überhaupt noch zu mobilisieren: „Wem es zu bequem ist, der soll es jetzt sagen“, forderte er auf einem SPÖ-Parteitag am 4. August, um anschließend fast flehentlich in die Runde zu fragen: „Was ist mit euch? Werdet ihr mit mir rennen?“
Faktisch ist der Amtsinhaber längst zum (zunehmend abgehängten) Herausforderer geworden, Martin Schulz lässt grüßen. Dabei kann man den Genossen die aufkommende Müdigkeit kaum verdenken. Hinter ihnen liegen Wochen eines verkorksten Wahlkampfes, in dem schlicht alles schiefzugehen schien, was schiefgehen konnte: von einem Handgemenge zwischen zwei Kern-Mitarbeitern über den Rückzug des Kampagnen-Chefs Stefan Sengl bis hin zur Verhaftung des Kern-Beraters Tal Silberstein in Israel.