Ausgabe Juli 2025

Was der Westen nicht wissen will

Mit Osteuropa die neue Kriegszeit begreifen

Wladimir Putin bei einem Treffen mit Teilnehmern des Programms »Zeit der Helden« im Kreml, 12.6.2025 (IMAGO / Russian Look)

Bild: Wladimir Putin bei einem Treffen mit Teilnehmern des Programms »Zeit der Helden« im Kreml, 12.6.2025 (IMAGO / Russian Look)

Es ist eine von jenen scheinbar unwichtigen Nachrichten, die rückblickend wie ein übersehenes Vorzeichen wirken können: Anfang Mai erschien in Russland ein Buch, zu dem Außenminister Sergej Lawrow ein Vorwort beisteuerte. Die These des von Regimeseite derart gewürdigten Werkes: Eine litauische Nation und Sprache gebe es nicht.[1] Das Gleiche hatte Kremlchef Wladimir Putin im Sommer 2021 auch über die Ukraine behauptet. Wenige Monate später setzte er seine Truppen in Marsch. Ist Lawrows Vorwort also bloß Ausdruck der alltäglichen ideologischen Scharfmacherei in Moskau – oder für den Westen ein erneuter Anlass, um gewarnt zu sein? Geschichte unterliegt zwar keinem Wiederholungszwang, aber politische Akteure folgen oft Mustern. Das gilt umso mehr, wenn sie sich auf der Siegerstraße wähnen können wie derzeit das Putin-Regime angesichts von Donald Trumps Ukrainepolitik. 

Aber um solche Muster rechtzeitig erkennen zu können, bedarf es einer geschärften Wachsamkeit. Und die ist in Europa nicht überall vorhanden. Westlich des ehemaligen Eisernen Vorhangs will so mancher noch immer glauben, in der Ukraine tobe bloß ein Regionalkonflikt, den vor allem der Westen auszuweiten drohe, wenn er ihn nicht gar überhaupt erst angeheizt habe. Weiter östlich hingegen sieht man das überwiegend ganz anders – und das nicht erst seit dem verhängnisvollen 24. Februar 2022.

»Blätter«-Ausgabe 7/2025

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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