Ausgabe August 1991

Mit offenem Visier

Schon lange rebellieren einflußreiche Hierarchen, Programmacher und forsche Jungredakteure auch in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten gegen das ihnen vom Staatsvertrag applizierte Korsett des B i l d u n g s a u f t r a g s. Staatsfern sollte nach der Erfahrung seiner propagandistischen Nutzung im Unterhaltungskostüm durch die Nationalsozialisten, ein jegliches Massenmedium sein und nicht kommerziell. Information und Belehrung heißen die beiden Elemente, die gleichberechtigt neben die Unterhaltung treten sollten, und um die dazu notwendige Unabhängigkeit (politisch und wirtschaftlich) zu sichern, wurde das System der Gebührenfinanzierung eingeführt. Faktisch sind, seit der Einführung des zweiten Programms und vollends mit dem Auftauchen der privaten Konkurrenz und der sie legitimierenden juristischen Konstruktion des d u a l e n S y s t e m s, d.h. des gesetzlich geregelten Nebeneinanders von privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern, kommerzielle Kriterien bei der Programmgestaltung längst überall ausschlaggebend. Aus der Koexistenz ist ein harter Verdrängungswettkampf geworden.

August 1991

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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