Das Fernsehen hat uns angeblich aufgeklärt. Weil wir von überallher Bilder zusammenraffen, sollen wir der Wahrheit näher sein und das soll uns dabei helfen, andere Völker zu befreien. Jetzt explodieren also wieder einmal Bomben am anderen Ende der Welt, füllen die Videobänder des Pentagon die Mattscheibe, werden die Ziele der Bomben in Zeitlupe und mit Sofortwiederholung bei der Explosion verfolgt; die gequälten Gesichter von Flüchtlingen sind mit Staub bedeckt und tränenüberströmt, der Feind verkündet den Bombardierungen zum Trotz seinen Widerstand, das Fernsehen überschüttet uns ständig mit weiteren Beweisen der Barbarei, die erbitterten Gesichter der Geiseln starren uns an, und wir sind ebensowenig aufgeklärt, klarsichtig, hilfreich wie zuvor. Das beständigste Medienklischee leitet sich von Marshall McLuhan her, der vor mehr als dreißig Jahren schrieb, daß Fernsehen zwangsläufig die Welt vereinen müsse. Dank der Geschwindigkeit, mit der sich die Bilder bewegten, würden wir "mythisch und ganzheitlich leben", befreit von Grenzen und Provinzialismus, denn, so McLuhan, "Elektrische Schaltungen haben die Diktatur von 'Raum' und 'Zeit' gestürzt und übergießen uns unablässig mit den Angelegenheiten aller anderen Menschen...
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.