Ausgabe Oktober 1999

Ein totes Land

Als in den ersten Prognosen nach der Saarlandwahl Reinhart Klimmt leicht vorne lag, da waren sich die flinken Kommentatoren und Meinungsforscher einig, daß sich der "Anti-Schröder-Kurs" des Ministerpräsidenten ausgezahlt habe. Später am Abend hieß es dann, er habe sich nicht ausgezahlt - so einen Unterschied machen 6 000 Stimmen. Da fällt nicht ins Gewicht, daß die Bundes-SPD, die anderen Septemberwahlen haben es bestätigt, vom Saarlandergebnis alptraumweit entfernt ist. Am Tag darauf waren die Analysen der Fachleute noch präziser geworden. Ein Vertreter der Forschungsgruppe Wahlen versicherte im ZDF, jener Kurs sei eindeutig falsch gewesen. So könne man eben keine Wahlen mehr gewinnen - gegen die Neue Mitte. Mittlerweile wissen wir zwar, daß sich der Kurs für Klimmt tatsächlich ausgezahlt hat, doch dazu mußte er erst verlieren. Klingt paradox, ist aber logischer als vieles, was uns täglich über Politik erzählt wird.

Reinhart Klimmt jedenfalls ließ an jenem denkwürdigen Abend noch verlauten: "Eine Partei, die nicht mehr diskutiert, ist tot." Es war einmal eine lebendig wirkende SPD, die wollte sich nach Gewinn der Bundestagswahlen daran messen lassen, daß sie die Massenarbeitslosigkeit (zumindest peu … peu) wirksam bekämpft.

Oktober 1999

Sie haben etwa 8% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 92% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo