Ausgabe Mai 2000

Die Anständigen sind die Unanständigen

Fast eine halbe Minute lang muß der Mafiaboß den Hals des Verräters mit einem Draht strangulieren, bis der aufhört, zu atmen. Tony Soprano, der mit dieser Tat seiner eigenen Ermordung zuvorgekommen ist, legt den Finger an die Halsschlagader, ob noch ein Puls zu spüren ist. Dann fährt er weg, seine Tochter abholen. Beide sind unterwegs, um für das Mädchen ein geeignetes College auszusuchen. Die Szene stammt aus der neuen amerikanischen Mafia-Serie Die Sopranos (jetzt sonmtags 22.30 Uhr im ZDF). Kurz zuvor hatte Tony seiner Tochter eingestanden, daß er für die Mafia arbeitet, umd diese wußte den Vertrauensbeweis zu würdigen, aber die drastischen Detalls will er ihr nicht zumuten. Sie wirken im Film seltsam unspektakulär, und plausibel sind die Gründe, die der Vater für seine illegale Tätigkeit aufzählt: "Es gab mal eine Zeit, da hatten die Italiener nicht viele Möglichkeiten." Schließlich müsse er eine Familie ernähren, und schon sein Vater habe "dringesteckt".

So ist die Mafia für ihn die einzige Möglichkeit, den Generationenvertrag zu erfüllen: Mord und Erpressung als alltägliche Überlebensstrategien. "Vielleicht war ich auch zu faul, um allein zu denken, geschweige denn, ein Rebell zu werden.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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