Ausgabe Juni 2001

Die wahren Türken

Wenn sogenannte Türken der dritten Generation zum ersten Mal bei einer hiesigen Zeitungs-, Radio- oder Fernsehredaktion vorstellig werden, dann sind sie kaum einfallsreicher als Deutsche, die Nachwuchskräfte werden wollen: "Guten Tag, mein Name ist XY, ich bin freie/r Journalistin in Kleinenbroich am Niederrhein und ich habe da ein interessantes Thema für Sie... ". Je nachdem wie die Kollegin oder der Kollege in der Redaktion gelaunt ist, lautet die Antwort "Ja, sehr interessant, geben Sie mir doch Ihre Nummer, ich melde mich dann bei Ihnen." Oder: "Oh nein, in Kleinenbroich am Niederrhein haben wir zehn Autoren, die ausgerechnet Ihr Thema schon 30 Mal an uns verkauft haben." Mehr oder weniger höfliche, aber unbeholfene Antworten auf Themenangebote, die oft ebenso unbeholfen vorgetragen werden. "Türken der dritten Generation" aber machen nach dem "...habe da ein interessantes Thema für Sie..." garantiert weiter mit zum Beispiel "Türken der ersten Generation in deutschen Altenheimen". In diesem Umfang "zum ersten Mal" möchten sie der "Frage nachgehen", ob für die türkische Großmutter oder den türkischen Großvater "in der Seniorenstation Ecke Nollendorfer/Eifelstraße im Kleinenbroicher Westend ein Gebetsraum eingerichtet wird" - oder besser gesagt: warum dies nicht geschehen soll.

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