In der Türkei werden die Karten am politischen Spieltisch neu gemischt. Ende Juli beschloss die Türkische Nationalversammlung vorgezogene Parlamentswahlen für den 3. November 2002. Mit dem Urnengang verbindet sich die Hoffnung auf stabilere politische Verhältnisse in dem EU-Kandidatenland, das derzeit unter den Folgen einer schweren Wirtschaftskrise leidet. Zermürbende politische Auseinandersetzungen innerhalb der seit drei Jahren amtierenden Regierungskoalition und die schwere Erkrankung des greisen türkischen Ministerpräsidenten Bülent Ecevit hatten das Land monatelang praktisch gelähmt. Vor allem die Weigerung des rechts nationalistischen Koalitionspartners Partei der Nationalen Bewegung (MHP), die zur Erfüllung der EU-Beitrittskriterien nötigen Reformgesetze zu unterstützen, bescherte der Regierung letztlich ihr vorzeitiges Ende. Der Austritt zahlreicher Abgeordneter unter Führung des ehemaligen Außenministers und EU-Befürworters Ismail Cem aus Ecevits Demokratischer Linkspartei (DSP) bewirkte den Verlust der Koalitionsmehrheit im Parlament und öffnete den Weg für Neuwahlen.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.