Leni Riefenstahl, die am 22. August ihren 100. Geburtstag feierte, sitzt seit Kriegsende als aktive Propagandistin Hitlers immer wieder auf der Anklagebank. Trotzdem ist sie inzwischen schon so etwas wie eine lebende Legende geworden. Ihre ungebrochene Vitalität (immer habe sie "bis zum Umfallen" gearbeitet; und nun gilt sie als älteste Taucherin der Welt) und die Hartnäckigkeit, mit der sie sich aus den Schatten ihrer Vergangenheit zu befreien, immer wieder selbst zu "entnazifizieren" versucht, haben zu ihrem erstaunlich positiven Bild beigetragen.
Anlässlich von Geburtstagen tritt die "umstrittene" Künstlerin regelmäßig wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. In diesem Jahr gibt es sogar einen neuen Riefenstahl-Film; ihre Memoiren sollen demnächst in den USA von Jody Foster verfilmt werden. Hinter dem "Problem" Riefenstahl steht ein von ihrer Person unabhängiges Dilemma, ein politisch-ästhetischer Dissens, den sie immer wieder auszunutzen weiß einerseits, indem sie sich als unschuldig Verfolgte hinzustellen versucht, und andererseits, indem sie durch eine periodisch wiederkehrende "neuerliche Verdrehung" der öffentlichen Meinung Unterstützung findet, im Fahrwasser eines keineswegs neuen Trends zur "Nostalgie" oder einer "Mode nach hinten" (so Francis Courtade am 19.8.2002 im NDR).