Ausgabe November 2002

Implosion allierter Solidarität

Robert Kagan konstruiert einen prinzipiellen Unterschied zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Europa in Struktur und Verhalten, den er auf eine Asymmetrie der Macht zurückführt. Natürlich sind die Europäer durch ihre klein- und mittelstaatliche Realität und ihre Geschichte spezifisch determiniert. Aber wie die US-Außenpolitik zwischen idealistischem Internationalismus und „realistischem“ Isolationismus oszillierte, gab es in der „europäischen Politik“ stets – auch nach 1945 – nicht nur sehr divergierende Positionen zwischen einzelnen Staaten, sondern auch Außenpolitikwechsel dieser Staaten im Laufe der Zeit. Das unterschiedliche Machtpotential ist nur einer der Faktoren, die das Verhalten von Staaten bestimmen.

In neuester Zeit hat vor allem dasEnde des Kalten Krieges Veränderungen in den internationalen Beziehungen bewirkt, die dasVerhältnis zwischen Europa und den USA tangieren. Sicherheitspolitisch sind die europäischen DemokratienvonderUS- Garantiewenigerabhängig. Die „Europäisierung“ Europas hat durch Probleme der Transformation im Osten und die Kriege im ehemaligen Jugoslawien einen zusätzlichen Schub erfahren. Die „Wiedervereinigung“ des Kontinents ist durch die schrittweise IntegrationdesOstensinderletztenDekade vergleichsweise schnell und erfolgreich vorangekommen.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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