Ausgabe Januar 2003

Die neue Ernsthaftigkeit

Politik in postironischen Zeiten

Vor drei Jahren erzielte der damals erst vierundzwanzigjährige Jedediah Purdy mit seiner Streitschrift „For Common Things“ großes Aufsehen in Amerika. Aufgewachsen in der tiefsten Provinz West Virginias, forderte der junge Harvard-Student seine Landsleute auf, ihre Haltung des distanzierten Egoismus zu verlassen und sich den öffentlichen Angelegenheiten zuzuwenden. Jetzt ist das Buch auch in der deutschen Übersetzung unter dem Titel „Das Elend der Ironie“ erschienen. Doch wie hat sich die Haltung der Amerikaner seit dem 11. September verändert? Wie verträgt sich Ironie mit Terror und Krieg? Und wo zeigen sich möglicherweise Ansätze einer Repolitisierung der amerikanischen Gesellschaft? Die „Blätter“ sprachen mit Purdy anlässlich der Vorstellung seines Buches in Berlin. – D. Red.

„Blätter:“ In Ihrer Analyse der amerikanischen Gesellschaft diagnostizieren Sie Politikflucht, den Rückzug ins Private und verbreitete Politikverdrossenheit als dominierende Haltungen der Bevölkerung – alles Phänomene, die wir auch in Europa erleben.

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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