„Es gibt keine politische Krise in der Ukraine!“ So zumindest lautete die offizielle Stellungnahme des amtierenden ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko zum Rücktritt seines Revolutionsgefährten Alexander Sintschenko, des Leiters der Präsidialverwaltung, am 7. September 2005. Nur einen Tag später entließ er die Regierung der Premierministerin Julia Timoschenko.
Was war passiert? Das politische Erdbeben, dessen langfristige Folgen noch nicht abzusehen sind, wurde durch eine Welle von Rücktritten und gegenseitigen Anschuldigungen ausgelöst. Diese gipfelten zunächst in dem offiziellen Abschiedsgesuch Sintschenkos. Nachdem dieser massive Korruptionsvorwürfe gegen seine Amtskollegen erhoben und der neuen politischen Elite – neben Premierministerin Timoschenko vor allem dem Leiter des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates Pjotr Poroschenko – vorgeworfen hatte, sie würden ihre Ämter systematisch zur persönlichen Bereicherung nutzen, sah sich der Präsident gezwungen, das machtpolitische Gleichgewicht wieder herzustellen und entließ, nachdem Poroschenko bereits seinen Rücktritt erklärt hatte, auch die Premierministerin und ihr Kabinett.
Diese radikale Lösung Juschtschenkos war vor allem eine Reaktion auf die ständigen Machtkämpfe zwischen Timoschenko und dem Präsidentenapparat sowie auf die interventionistische Wirtschaftspolitik der Regierung.