Ausgabe März 2018

Das Elend der SPD und der Mythos vom ohnmächtigen Nationalstaat

Die SPD versucht den Neustart. Und in der Tat: Die Nachkommen August Bebels müssen sich inhaltlich erneuern, unabhängig davon, ob sie der Großen Koalition ihr Ja-Wort geben oder nicht.

Einen inhaltlichen Neuanfang braucht es vor allem in der Wirtschaftspolitik. In diesem, wenn auch noch kurzen, Jahrtausend führte die Partei Kautskys, Bernsteins, Hilferdings und Schillers keine einzige ernstzunehmende wirtschaftspolitische Debatte. Zuletzt diskutierten die Genossen auf dem Weg zum Berliner Programm von 1989 darüber, was sie unter sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik verstehen. Seither herrscht Schweigen.

Offensichtlich fehlt der SPD in wirtschaftlichen Fragen ein eigener politischer Kompass. Das verdeutlicht der Abgesang sozialdemokratischer Spitzenpolitiker auf den nationalen Wohlfahrtsstaat. So erklärte der neue kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz die steigende soziale Ungleichheit maßgeblich mit den Megatrends Globalisierung und Digitalisierung.[1] Chinesen, Inder, Roboter und Computer fressen in dieser Logik angeblich die europäischen Löhne auf. Und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel begründet sogleich, warum selbst rote Regierungen die soziale Spaltung nicht verhindern konnten: Der Nationalstaat könne den globalen und digitalen Kapitalismus nicht mehr zähmen und deswegen seine Wohlfahrtsversprechen nicht mehr einlösen.

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