Hongkongs Demokratiebewegung hat einen ersten großen Erfolg erzielt – wenn auch nicht im eigenen Land. Es waren die Proteste in der ehemaligen britischen Kronkolonie, die letztlich die Präsidentschaftswahl im benachbarten Taiwan entschieden haben. Dort verhalfen die Bilder aus Hongkong der amtierenden Staatschefin Tsai Ing-wen am 11. Januar mit 57 Prozent zu einem überraschenden Sieg.
Dabei sah es lange ganz anders aus: Die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte noch 2018 die Lokalwahlen gegen die oppositionelle Kuomintang (KMT) verloren, die ihr die drei größten Städte und insbesondere die DPP-Hochburg Kaohsiung abnehmen konnte. Seinerzeit stagnierte die Lohnentwicklung und die Lage auf dem Wohnungsmarkt war angespannt. In dieser Situation straften die Wähler die DPP ab, um ihren Unmut über die Wirtschaftspolitik von Tsai Ing-wen auszudrücken. Keine Rolle spielte dabei, dass die KMT auch für engere Beziehungen zu China eintritt – und das, obwohl Peking Taiwan nicht als eigenen Staat anerkennt, sondern als abtrünnige Provinz betrachtet.
Das änderte sich, je mehr die Proteste in Hongkong anwuchsen. Der Widerstand gegen die dortige, von China kontrollierte Stadtregierung verlieh der chinakritischen DPP und ihrer Präsidentin einen enormen Schub. Hingegen fand der chinafreundliche Präsidentschaftswahlkampf des KMT-Kandidaten Han Kuo-yu mit seinem Populismus immer weniger Zuspruch bei den Wählern.