Ausgabe Mai 2020

Mit »Bild« in die Kirche

Betende Hände hinter dem Logo der Bild-Zeitung

Bild: Patrick Fore / Unsplash

In Corona-Zeiten blühen auch die schönsten Sumpfblüten. Allein wie die „Bild“-Zeitung sich zum Hüter der Religionsfreiheit aufschwingt, ist aller Ehren und schon fast eine kleine Krise wert. Ansonsten nicht gerade bekannt für pietätvollen Umgang mit menschlichen Schicksalen, schlägt sich das Gossenblatt jetzt für den sonntäglichen Kirchgang in die Bresche.

„Es geht um unsere Grundrechte“, weiß „Bilds“ Mann fürs Feine, Alexander von Schönburg, Chef des gräflichen Glauchauer Zweigs des Hauses Schönburg, aber im Brotberuf „Bild“-Societyberichterstatter, Kolumnist des Deutschen Adelsblatts („Liebe Tante“) und Autor so bedeutender Werke wie „Die Kunst des stilvollen Verarmens“. Daneben aber ist Schönburg genau wie seine Schwester Fürstin Gloria („Der Schwarze schnackselt gerne“) von Thurn und Taxis vor allem ein zutiefst bibeltreuer Mensch (weshalb er sich auch bei „Bild“ so ungemein wohlfühlt). „Aus Gründen des Epidemie-Schutzes das Grundrecht auf freie Religionsausübung preiszugeben, war schwer zu schlucken. Gerade an Ostern“, darbt er denn auch äußerst überzeugend am 17. April im „Bild“-Kommentar. Doch jetzt sei „die letzte Spur von Verhältnismäßigkeit verschwunden, mit der man einen derart gravierenden Eingriff in unsere Freiheit rechtfertigen könnte.“ Denn: „Nun haben bald fast alle Geschäfte wieder auf, aber Gottesdienste bleiben untersagt.

Mai 2020

Sie haben etwa 41% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 59% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Fortschrittsfalle KI

von Roberto Simanowski

Unbemerkt von den meisten, verschiebt sich die Macht vom Menschen zur Maschine. Erste Studien bezeugen: Der Mensch wird dümmer durch KI. Je mehr er sie als Hilfsmittel nutzt, umso geringer seine kognitive Aktivität und schließlich seine Fähigkeit zum kritischen Denken.

Immer jünger, immer rechter: Teenager mit Baseballschlägern

von David Begrich

Ihre Haare sind kurz, gescheitelt und streng gekämmt. Sie zeigen den White Power- oder gar den Hitlergruß. Ist der Aufschwung der rechtsextremen Jugendszene wirklich etwas Neues – oder nur eine Fortsetzung neonazistischer Gewalt?