Ausgabe Dezember 2022

Fassadendemokratie und Fundamentalismus

Dschihadismus in Mali und das Versagen des Staates

Proteste gegen die ECOWAS-Sanktionen gegen Mali in Bamako, 14.1.2022 (IMAGO / Starface)

Bild: Proteste gegen die ECOWAS-Sanktionen gegen Mali in Bamako, 14.1.2022 (IMAGO / Starface)

Im westafrikanischen Burkina Faso stürzten Ende September junge Militärs Staatschef Paul-Henri Damiba, der erst im Januar selbst durch einen Militärputsch an die Macht gelangt war. Ähnliches hatte sich zuvor im Nachbarland Mali ereignet, wo ebenfalls eine aus einem Doppelputsch hervorgegangene Übergangsregierung die Geschicke bestimmt. Umso bemerkenswerter ist, dass die Putschist*innen beachtliche Zustimmung in der Bevölkerung genießen, insbesondere in Mali, wo sich im April 2022 laut einer repräsentativen Umfrage der Friedrich-Ebert-Stiftung 94 Prozent der Befragten mit der Arbeit der Militärs zufrieden zeigten.[1] Die Menschen trauen ihnen nicht nur zu, die maßgeblich von Dschihadisten losgetretene Gewalteskalation einzudämmen, die sich seit 2012 im Zentralen Sahel – insbesondere in den Ländern Burkina Faso, Mali und Niger – zu einem regelrechten Flächenbrand ausgeweitet hat. Sie begreifen die Krise auch als Ausdruck demokratischen Versagens, mit der Konsequenz, dass ausgerechnet die Militärregierungen – so paradox das aus einer westlichen Perspektive erscheinen mag – zu demokratischen Hoffnungsträgern avanciert sind.

Denn viele westafrikanische Mehrparteiendemokratien sind längst zu „Fassadendemokratien“ erstarrt, wie eine beliebte Redewendung lautet.

»Blätter«-Ausgabe 12/2022

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