Ausgabe Dezember 2025

Wehrlose Wissenschaft: Die Bedrohung aus China und Russland verstehen

Sitz des IOS, Altes Finanzamt, Landshuter Straße in Regensburg. © IOS/www.klauskurz.de

Bild: Sitz des IOS, Altes Finanzamt, Landshuter Straße in Regensburg. © IOS/www.klauskurz.de

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und Chinas militärische Drohkulisse vor Taiwan – die Herausforderungen durch autoritäre Mächte nehmen zu. Unser Wissen über diese Regime, argumentieren die Historiker Martin Wagner und Sören Urbansky, hält damit jedoch nicht Schritt.

China und Russland rütteln an den Grundfesten unserer Ordnung – an der rechtsstaatlichen Demokratie ebenso wie am regelbasierten Gefüge der internationalen Gemeinschaft. Ihre Angriffe zielen auf einen gemeinsamen Gegner, trotz innerer Rivalitäten, trotz unterschiedlicher Entwürfe für die Welt von morgen. Dieser Bedrohung sind wir nicht gewachsen. Denn wir wissen zu wenig. 

Zwar generieren deutsche Institutionen Erkenntnisse über beide Mächte, doch unsere gesamte Wissenslandschaft – in Forschung, Diplomatie und Nachrichtenwesen – unterliegt einer zweifach verzerrten Perspektive. China und Russland werden für sich genommen jeweils unzureichend untersucht und in ihren Wechselbeziehungen nahezu gar nicht. Anders formuliert: Unser Blick trennt, wo analytische Verknüpfung notwendig wäre.

Zweifellos ist die deutsche Expertise über Russland wie über China vielfältig, fachlich anspruchsvoll und mitunter international führend. Indes ist das Wissen über diese beiden Länder in der Summe thematisch selektiv, in seinem Zugang bilateral aus Deutschland gedacht und institutionell fragmentiert.

»Blätter«-Ausgabe 12/2025

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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