Zum Verfassungsentwurf des Kuratoriums Bund deutscher Länder
Der Einigungsvertrag vom 31. August 1990 hat in Artikel 5 Verfassungsänderungen in Aussicht gestellt, über die innerhalb von zwei Jahren entschieden werden soll. Die Dimensionen sind, jenseits der vertraglich bezeichneten Punkte, nach wie vor umstritten. Am weitesten in seinem Reformanspruch geht der Verfassungsentwurf des "Kuratoriums für einen demokratisch verfaßten Bund deutscher Länder", der am 23. Mai 1991 der Öffentlichkeit vorgelegt wurde (dokumentiert in: "Frankfurter Rundschau", 10.-14. Juni 1991). Wolf-Dieter Narr, selbst Mitglied des Kuratoriums und Mitdiskutant des Entwurfs, zieht im folgenden eine kritische Bilanz. Sein Beitrag konkretisiert die zuvor von ihm vorgetragenen Positionen zur Verfassungsreform (vgl. "Blätter", 2 und 4/1991). Zu den verfassungsrechtlichen Problemen der deutschen Vereinigung vgl. auch die Beiträge von Helmut Ridder (Hefte 4-6 sowie 11/1990) und Micha Brumlik (8/1990). Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches vom 4. April 1990 war dokumentiert in: "Blätter", 6/1990. D. Red.
Eine Verfassungsdiskussion kommt zögerlich in Gang. Bundesregierung und Bundesrat haben erste Regungen gezeigt. Der Auftrag des Einigungsvertrages soll ausgeführt werden. Eine Kommission aus Bundestag und Bundesrat, fest im Griff der beiden legislativen Instanzen und ihrer Mehrheiten, wird vorgeschlagen. Die SPD will ein wenig mehr, einen Verfassungsrat.