Ausgabe November 1996

Staat und Solidarität

Von Solidarität ist seit einigen Jahren immer häufiger die Rede: beispielsweise dann, wenn es um die Mobilisierung von Handlungsund Opferbereitschaft im Zusammenhang mit der deutschen Einheit geht. Über diese spezifisch deutsche Problematik hinausreichend hat das Thema "Solidarität" aber auch in der internationalen Diskussion eine bemerkenswerte Konjunktur. Dies gilt vor allem im Hinblick auf zwei Kontexte. Zum einen im Hinblick auf die allenthalben diskutierte Krise des Sozialstaats, die einem sehr alten grundsätzlichen Einwand gegen staatliche Umverteilung neue Aktualität verliehen hat: Solche Umverteilung werde aus Steuermitteln finanziert, die mit der Androhung von Gewalt eingetrieben werden; sozialstaatliche Solidarität beruhe somit auf Zwang und sei daher abzulehnen. Zum zweiten wird von zahlreichen Autoren eine zunehmende Entsolidarisierung der modernen Gesellschaft konstatiert: die Individualisierung habe exzessive Dimensionen angenommen. Eine Stärkung solidarischer Bande, womöglich gar eine Rückbesinnung auf die brüderliche Gemeinschaft sei dringend notwendig.

I. Solidarität und Sicherheit

Im politischen Alltag wird von "Solidarität" hauptsächlich dort gesprochen, wo es um die Umverteilung finanzieller Ressourcen zugunsten materiell bedürftiger Individuen oder Gruppen geht.

November 1996

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