Ausgabe Juli 1997

Deutsch-französische Dissonanzen

 Nach dem überraschend eindeutigen Ausgang der vorgezogenen Neuwahlen zur französischen Nationalversammlung wird in der deutschen Öffentlichkeit lebhaft die Frage erörtert, welche Folgen die Neuauflage der sogenannten Kohabitation - der politischen Zwangsgemeinschaft von Staatspräsident und Premierminister aus unterschiedlichen politischen Spektren - für die Zukunft der deutsch-französischen Partnerschaft haben wird. Institutionell gesehen, besteht kein besonderer Anlaß zur Besorgnis. Durch die im Elysée-Vertrag von 1963 vereinbarten regelmäßigen und zeitlich dicht gestaffelten Konsultationen auf allen Regierungsebenen ist die Kooperation zwischen diesen beiden ehemals verfeindeten Nationen zu einer fest etablierten Institution geworden, die ihre besondere Rolle im politischen Zentrum Europas unterstreicht. Wer im Elysée-Palast regiert, verfügt zudem nach der von Charles de Gaulle durchgesetzten Verfassung der Fünften Republik über eine ungewöhnliche Machtfülle. In seiner Person konzentriert sich die Staatsmacht, er bestimmt die Richtlinien der Politik und kann auch in die täglichen Regierungsgeschäfte eingreifen.

Beim jetzigen Amtsinhaber Jacques Chirac verspricht diese Konstellation ebenso Kontinuität im Verhältnis zu Deutschland wie unter seinem Amtsvorgänger Fran?ois Mitterrand.

Juli 1997

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