Dieses Interview hat zwei Anlässe, der eine objektiver, der andere subjektiver Art. Zu den vielen 50. und 10. Jahrestagen kommt am 9. November der Tag der "Maueröffnung". Und am 23. November wird "Blätter"-Mitherausgeber Günter Gaus 70. Ihm widmen wir das folgende Gespräch mit dem in deutsch-deutschen Dingen so kompetenten Akteur, Zeitzeugen und - ein wichtiges ostpolitisches Stück weit - Weggefährten Egon Bahr. - D. Red.
"Blätter": Als wir dieses Gespräch vereinbarten, ersetzten Sie unseren Arbeitstitel "50:10", also 10 Jahre "deutsche Einheit" vor dem Hintergrund des 50jährigen Bestehens der Bundesrepublik, durch die Formel 40:40: 10. Darin stecken spannende Fragen. Zum Beispiel die, ob 1989 nicht nur die DDR, sondern mit ihr zugleich auch die - sogenannte alte - Bundesrepublik untergegangen oder, weniger drastisch gesprochen, "an ihr Ende gekommen" ist.
Egon Bahr: Ich finde, in der Formulierung "50:10" - oder "50 und davon 10" - steckt eben diese wahnsinnige Überheblichkeit der alten Bundesrepublik.