Seit dem historischen Gipfel zwischen den beiden koreanischen Staatsführern Kim Dae-jung und Kim Jong-il sind nur wenige Monate vergangen und schon scheint kaum mehr etwas wie zuvor. Ende Juni trat der Norden dem Asean Regional Forum bei und eröffnete damit erstmals Chancen für einen multilateralen regionalen Sicherheitsdialog, der über die 1999 ins Stocken geratenen Vier-Parteiengespräche zwischen der Demokratischen Volksrepublik Korea, der Republik Korea, der VR China und den USA hinausreicht. Danach ließ sich Pjöngjang auf Gespräche über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit zahlreichen, darunter auch europäischen Staaten ein. Zwischen den beiden Koreas kam es zu ersten Versuchen, die vollmundige Agenda des Gipfels in die Tat umzusetzen. 100 Familienangehörige aus Nord und Süd trafen sich Mitte August ("Woche der Versöhnung"), hohe Militärvertreter beider Seiten Anfang Oktober.
Schließlich reiste Jo Myong Rok, der zweite Mann in der nordkoreanische Militärhierarchie nach Washington. Madeleine Albright erwiderte den ersten hochrangigen Besuch seit Kriegsende kaum eine Woche später. Die Abschottung des einstigen Schurkenstaates Nordkorea, ja dessen gesamte Staatsideologie Chuch'e, die auf nationale Autarkie setzt, scheint in Auflösung begriffen. Der Schein trügt.