Das Jahr 1990 scheint zu einem der spannendsten Jahre in der Geschichte der Bundesrepublik zu werden. Gerade für die Linke wird dieses Jahr große Chancen aber auch große Gefahren beinhalten. Drei Ereignisse stehen dabei im Mittelpunkt: Die Entwicklung im Osten - speziell in der DDR, das Wahljahr 1990 mit einer Vielzahl von Landtagswahlen, mit der Bundestagswahl im Dezember und wahrscheinlich auch mit Wahlen in der DDR sowie die Tarifbewegung vor allem um die 35-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich, die von der IG Metall und der IG Medien nun im letzten Anlauf durchgesetzt werden soll. Scheinbar sind dies drei voneinander unabhängige Großereignisse, die 1990 auf uns zukommen. Im Osten stürzen Systeme, die sich zu Unrecht sozialistisch nennen, in Wirklichkeit aber zu bürokratischen Zwangsregimen pervertierten.
Schon Karl Liebknecht sagte 1869 daß "Sozialismus ohne Demokratie Aftersozialismus sei sowie Demokratie ohne Sozialismus Afterdemokratie". Die demokratische Linke, vor allem in der Bundesrepublik, hatte sich immer zu wehren gegen eine Gleichsetzung ihrer Vorstellungen vom demokratischen Sozialismus mit dem, was sich im Osten "realexistierender Sozialismus" nannte. Die Rechte hat dies systematisch ausgenutzt. Schon Adenauer ließ Wahlplakate drucken, "Wer Ollenhauer sät, wird Kommunismus ernten".