Ausgabe März 1990

Früchtchen

Jacke oder Bluse kosten 2000, Rock oder Kleid 3000, der BH 5000 und der Strumpfgürtel 10 000 Punkte - die Preise gelten für das Ablegen der erwähnten Kleidungsstücke. Wer dann noch das Höschen fallen sehen will, muß noch einmal 40 000 Punkte anlegen. Ein kompletter Striptease ist damit allerdigs noch nicht erreicht und auch nicht erreichbar: Ein Cache-sex bietet nur das Hinterteil relativ ungeschützt den Blicken feil, also etwa soviel, wie heute an jedem Familienstrand zu sehen ist.

T u t t i f r u t t i, die neue vielgeschmähte Abendunterhaltung des privaten Fernsehsenders RTL Plus, ist wohl kaum jugendgefährdend. Sie besteht aus einer Art Quiz mit zwei ausgewählten Kandidaten (einer männlich, einer weiblich), die außer mit Ratespielen oder Glück beim Roulette durch Ausziehen eigener Kleidungsstücke nach festgelegten Tarifen Punkte erwerben können. Diese können sie dann zu den obengenannten Kursen in "Länderpunkte" konvertieren, die am Schluß über Gewinnen oder Verlieren entscheiden.

Und das geht so: Von "Ländervertreterinnen" (was nicht nachprüfbar ist, da die Damen Sprechverbot haben) wird der Striptease als Dienstleistung erkauft, dessen Vollzug bis zur erwähnten Grenze ein rechnerisches Verfügungsrecht begründet. Europa ist einer der thematischen Vorwände für die dezente Hautdarbietung.

März 1990

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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