Vom Umgang mit den Stasi-Akten
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Der ehemalige Innenminister der ehemaligen DDR suchte nach der "saubersten Lösung" für die Stasiakten. Einer Endlösung also, statt täglicher Auseinandersetzung mit den Folgen der Geschichte. Wie schon einmal bei anderen deutschen Mächtigen scheint "Vernichtung" das Zauberwort zu sein, um etwas aus der Welt zu schaffen. Um dann so tun zu können, als habe es das nie gegeben. Kleine Kinder halten sich die Hände vor Augen, wollen sie etwas nicht wahrnehmen - größere träumen vom Reißwolf, der all das Unangenehme zerhäckselt. Die Sache hat nur einen entscheidenden Fehler. Die versuchte Tötung von Geschichte dürfte, um Erfolg zu haben, nicht bei den Akten aufhören. Schon jetzt gibt es einen schwunghaften Handel mit Aktenteilen, Kopien von Akten und Informationen über angebliche Dossiers. Zahlreiche Stasiverantwortliche glaubten wohl, sich so eine bequeme Altersversorgung beschaffen zu können. Sie müßten natürlich alle mit weg, wenn Diestels Lösung sich als "sauber" erweisen soll. Und alle, die mit ihnen Kontakt hatten, vorsichtshalber auch.
Schließlich reicht ja manchmal die Erinnerung an bestimmte Fakten, um Betroffene zu erpressen. Und um ganz sicher zu gehen, dürfen jene, die heute Zugang zu den gespeicherten Unterlagen haben, nicht vergessen werden.