Die Kriegsziele des Turgut Özal
Der Golfkrieg hatte noch nicht begonnen, da wurden bereits die ersten "claims" abgesteckt für den Tag danach. Am deutlichsten hat die türkische Regierung unter Staatspräsident Özal, mehr oder weniger unverblümt, ihre Ansprüche angemeldet, wenn es nach dem erwarteten Sieg über Saddam Hussein an die Verteilung der Beute geht (nachdem sie zuvor das eigene Land eiligst zum zweiten Aufmarschgebiet der "Alliierten" und damit zur Zielscheibe Saddams gemacht hatte). "Die Türkei will beim Siegesmahl mit am Tisch sitzen und nicht auf der Speisekarte stehen", wurde ein Kabinettsmitglied in Ankara zitiert 1).
Und auch, auf welches Filetstück Özal besonderen Appetit hatte, blieb nicht verborgen: von einer "vergrößerten" Türkei war die Rede, in der auch die irakischen Kurden ein Zuhause finden könnten 2) - kein Zweifel, jene mehrheitlich von Kurden bewohnte, ölreiche irakische Provinz war gemeint, die einst als Vilayet (Verwaltungsbezirk) Mossul Teil des Osmanischen Reiches war. Und es blieb nicht bei territorialen Wünschen. Ankara signalisierte zugleich auch hegemoniale Ansprüche: die Türkei, so hieß es, werde nach dem Krieg zu einer "neuen Ordnungsmacht" 3) im Nahen Osten. Der selbsternannte, neue starke Mann am Bosporus löste mit seinen großmäuligen Tönen bei den Nachbarn Unruhe aus.