Ausgabe September 1993

Mit Bad Kleinen in den Wahlkampf

"Die Stärke eines Staates ergibt sich aus seiner Wahrhaftigkeit. Nicht das Versagen einer Behörde, nicht der übereilte Rücktritt eines Ministers stürzen den Staat in eine Krise, sondern zuvörderst die Ungewißheit, ob die Wahrheit an den Tag kommt."

Georg Paul Hefty, FAZ, 7.7.1993

Kaum war die blutige Schießerei in Bad Kleinen vorüber, meldete der Generalbundesanwalt, die "mutmaßliche RAF-Terroristin Birgit Hogefeld" habe bei ihrer Festnahme sofort das Feuer eröffnet. Unbesehen wurde diese Nachricht verbreitet: teils war sie höchst willkommen, teils wurde sie "betroffen" kommentiert. Am 29. Juni schrieb Friedrich Karl Fromme in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ), Birgit Hogefeld werde "zur Kommandoebene der RAF gerechnet. Das erklärt die Schnelligkeit, mit der sie geschossen hat"; zwar habe die RAF "zu erkennen gegeben, sie halte zur Zeit vom Morden nicht mehr viel als einem Mittel zur Gesellschaftsveränderung.

Aber eine (gar zu Begnadigungen Anlaß gebende) Rückkehr in die herkömmliche Werte-Welt ist das nicht, das jedenfalls hat sich in Bad Kleinen gezeigt". Auch die "Süddeutsche Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau" (FR) hatten so wenig Zweifel wie die "taz", die sich am selben 29.

September 1993

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Immer jünger, immer rechter: Teenager mit Baseballschlägern

von David Begrich

Ihre Haare sind kurz, gescheitelt und streng gekämmt. Sie zeigen den White Power- oder gar den Hitlergruß. Ist der Aufschwung der rechtsextremen Jugendszene wirklich etwas Neues – oder nur eine Fortsetzung neonazistischer Gewalt?

Maskulin und libertär

von Stefan Matern, Sascha Ruppert-Karakas

Echte Männer sind rechts“ – das auf Social Media viral gegangene Video des AfD-Politikers Maximilian Krah ist mehr als nur ein lapidares Bekenntnis zu traditionellen Familien- und Geschlechterrollen. Es ist vielmehr der strategische Versuch, junge Menschen niedrigschwellig an AfD-Positionen heranzuführen. Im provokanten Politainmentstil bespielt die Partei auf den digitalen Plattformen unpolitisch anmutende Themen rund um die Probleme und persönlichen Unsicherheiten junger Männer.